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440C Stahl – wie gut ist er und was kann er?

Hand auf’s Herz – wer sich für Messer interessiert, der kommt an der 440er Serie, und hier insbesondere am 440C Stahl nicht vorbei. Dieser hat in den letzten 20 Jahren dank einiger legendärer Messer, beispielsweise dem BUCK 110 einiges an Popularität gewonnen. Und da stellt sich mir die Frage: Warum ist dieser Stahl so beliebt? Und wie hat er es geschafft sich gegen die ganzen neuen Hightech-Stähle zu behaupten? Schauen wir ihn uns an und klären zunächst mal die Frage:

Was ist 440C Stahl?

440C ist ein rostfreier martensitischer Stahl und Teil der 440er-Serie (440A, 440B und 440C) – rostfreie Stähle mit hohem Kohlenstoffgehalt (440C hat mehr als 1%, was den höchsten Kohlenstoffgehalt der 440er-Serie ausmacht), er bietet eine ausgezeichnete Verschleißfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit und kommt bei Budget- und Mittelklasse-Messern zum Einsatz.

440er Stahl ist eine Gruppe von Stählen (440A, 440B und 440C) mit ähnlichen aber teilweise doch recht verschiedenen Eigenschaften. Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass die verschiedenen 440er Stähle sich doch merklich unterscheiden. 440A und 440B sind „weichere“ Sorten. Während diese überaus unempfindlich gegen Rost sind und ein zu einem großartigen Hochglanzfinish poliert werden können, ist deren Schnitthaltigkeit jedoch nicht so gut wie die des 440C Stahls (Datenblatt: hier).

440C oder nicht?

Bei der industriellen Fertigung von Messern in Fabriken werden weichere Stähle verwendet, da die Klingen mit Hilfe von Matrizen aus Stahlblech ausgestanzt werden. 440C Stahl ist für diesen Prozess zu hart und teuer. Viele Hersteller sind absichtlich unspezifisch darüber, welchen Stahl sie verwenden. Wenn die Klinge als „Edelstahl“, „chirurgischer Edelstahl“ oder nur „440 Edelstahl“ gekennzeichnet ist, kann man darauf wetten, dass es kein 440C ist. Denn 440C ist ein wesentlich besserer und teurerer Stahl und wenn eine Klinge aus 440C hergestellt wird, wird sie als Verkaufsargument in der Regel auch mit „440C“ benannt.

Das ist soweit einer der Hauptunterschiede zwischen Serienmessern und (individuell) handgefertigten Messern. Fabriken müssen für den Stanzprozess die weicheren Stähle verwenden. Ein Messermacher der individuelle Messer herstellt hat diese Einschränkung nicht, so dass er fast immer den besseren Messerstahl verwenden wird.

Wenn jemand also sagt, dass 440er Edelstahl (oder irgendein Edelstahl) nicht schnitthaltig sei, dann vergleicht er ihn höchstwahrscheinlich mit einem Fabrikmesser mit einem 440er Edelstahl niedererer Qualität. Tatsache ist, dass es eine Reihe von ausgezeichneten Edelstählen gibt, sehr schnitthaltig sind, vorausgesetzt, sie sind richtig verarbeitet und wärmebehandelt.

Chemische Zusammensetzung

440C besteht aus folgenden Legierungselementen:

ElementAnteilWirkung
Chrom16 – 18,0%Verbessert die Verschleißfestigkeit, Warmfestigkeit und Zunderbeständigkeit. Es erhöht die Zugfestigkeit, da es als Karbidbildner wirkt. Verwendung von rostfreien bzw. Edelstählen, da es ab einem Masseanteil von 12,2% die Korrosionsbeständigkeit steigert. Verringerung der Schweißbarkeit.
Kohlenstoff0,95 – 1,20%Erhöhung der Härte und Zugfestigkeit. In größeren Mengen Erhöhung der Sprödigkeit und Herabsetzung der Schmiedebarkeit und Schweißeignung.
Mangan1,00%Verbessert Härte und Zugfestigkeit.
Molybdän0,75%Verbessert die Härtbarkeit, Zugfestigkeit und Schweißbarkeit. Verringerung der Schmiedebarkeit und Dehnbarkeit.
Phosphor0,04%Erhöht die Zugfestigkeit, Härte und Korrosionsbeständigkeit aber auch die Versprödung.
Schwefel0,03%Erhöht die Zerspanbarkeit aber auch die Versprödung.
Silizium1,0%Verbessert die Festigkeit.

Kohlenstoff dient der Erhöhung der Härtbarkeit und Verschleißfestigkeit, verringert aber die Zähigkeit in größeren Mengen. Mangan wird hinzugefügt, um die Sprödigkeit zu reduzieren und die Schmiedbarkeit, Härtbarkeit und Verformung zu verbessern. Silizium ist ein Desoxidationsmittel und verbessert die Warmumformbarkeit. Chrom der in hohen Mengen nur hochlegierten Werkzeugstählen zugesetzt wird verbessert die Härtbarkeit, die hohe Verschleißfestigkeit, die Zähigkeit und die Korrosionsbeständigkeit. Molybdän verbessert die Tiefenhärtung und Zähigkeit sowie die Verschleißfestigkeit.

Diese Grundelemente, zusammen mit Eisen, sind eine einfache Kombination, die gut funktioniert und das schon seit vielen Jahrzehnten.

Ist 440C ein Edelstahl?

440er Stahl – 440A, 440B, und 440C im Vergleich

Seit Jahrzehnten sieht man diese Bezeichnungen bei Messern, dabei sind sie mehr ein Quell der Verwirrung als der Information. Es ist an der Zeit, einige Dinge zu klären. Erstens gibt es KEINEN „440er“ Stahl. Ohne den Buchstaben ist es wie wenn man bei seinem Geburtsjahr nur die vorderen zwei Stellen angibt (x.y.19..). Es macht keinen Sinn, denn als jemand der noch im 20. Jahrhundert geboren wurde könnte man dann irgend was von 20 bis 120 Jahre alt sein. Und genau so wie es beim Geburtsdatum keinen Sinn macht die relevante Information nicht anzugeben, genauso wenig Sinn macht es Sinn die Qualität eines „440er“ Messers beurteilen zu wollen, ohne zu wissen um welchen Typ „440er“ es sich handelt.

Darum hier mal einen kurzen Abriss über die wesentlichen Merkmale und Unterschiede der verschiedenen „440er“ Stähle:

440A

440A ist eine härtbare Edelstahllegierung, die auf eine höhere Härte als Edelstahl der Serie 420 härtbar ist (die nur auf 52 HRC härtbar ist!). Sie hat eine gute Korrosionsbeständigkeit und wird in kostengünstigeren Lagern und in härteren chirurgischen Werkzeugen (eher selten) eingesetzt. Er hat einen Anteil von 0,6 bis 0,75% Kohlenstoff, etwa der gleiche Kohlenstoffgehalt wie die meisten Stahlfedern. Sein Vorteil ist, dass er billiger ist als 440B und etwas korrosionsbeständiger.

440B

440B ist auch eine härtbare Edelstahllegierung, die auf eine höhere Härte als 440A härtbar ist. Sie hat eine gute Korrosionsbeständigkeit und wird in Standard-Besteck, Ventilen und Instrumentenlagern eingesetzt, wo hohe Korrosionsbeständigkeit wichtiger ist als geringer Verschleiß. 440B enthält 0,75 bis 0,95% Kohlenstoff.

440C

440C ist ebenfalls eine härtbare Edelstahllegierung, die auf eine höhere Härte als 440B härtbar ist. Sie hat eine gute Korrosionsbeständigkeit und wird in Kugellagern und Laufringen, Hochdruckdüsen, Ventilsitzen und Komponenten mit hohem Verschleiß eingesetzt. 440C enthält 0,95 bis 1,20% Kohlenstoff. Im Lehrbuch würde er etwa so beschrieben: „Dieser Stahl hat bei der Wärmebehandlung die höchste Abschreckhärte und Verschleißfestigkeit von allen korrosions- hitzebeständigen Stählen.“

Vergleichstabelle Härte von Messerstählen
zum Vergrößern anklicken

Alle drei Stähle haben den gleichen Chromanteil von ca. 16 bis 18%. Sie sind alle hochchrom-martensitische Edelstähle. Alle anderen Legierungselemente sind etwa gleich, einschließlich Mangan, Silizium, Phosphor, Schwefel und Molybdän. Wahrlich, der Unterschied bei diesen drei Stählen ist der Kohlenstoffgehalt. Und der ist erheblich, denn der höhere Kohlenstoffgehalt in 440C ergibt eine wesentlich verschleißfestere Messerklinge.

Top Messer aus 440C Stahl

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Fazit

Sammler, Liebhaber, Militärs, Profis und Fachleute aus den verschiedensten Bereichen und viele andere werden weiterhin individuell gefertigte und ganz auf ihre Wünsche und Bedürfnisse zugeschnittene Messer aus 440C Stahl kaufen. Denn: 440C ist ein toller Stahl für Handmesser! Er ist blank, sieht gut aus, ist langlebig und hat sich bewährt – vorausgesetzt er wird ordnungsgemäß ver- und bearbeitet. 440C Stahl zeichnet sich durch seine Korrosionsbeständigkeit aus und ist um ein Vielfaches stärker als Kohlenstoffstähle bei gleichzeitig günstigem Preis. Er hat eine hohe Verschleißfestigkeit, eine hohe Zähigkeit und einen extrem hohen Gebrauchswert hinsichtlich der Oberflächenbehandlung – was selten erwähnt wird, aber dennoch sehr wichtig ist. Weder der militärisch-industrielle Komplex noch die Werkzeugmaschinenindustrie werden diesen hochwertigen martensitischen Edelstahl so schnell durch einen anderen ersetzen. Abgesehen davon gibt es aktuell auch keinen gleichwertigen Ersatz für 440C. Gäbe es einen der über die gleichen Eigenschaften verfügt und billiger wäre, man hätte es schon längst getan.

In puncto Optik gibt es bei Messern nur wenige Stähle die mit 440C mithalten und gleichzeitig die gleiche Zähigkeit und Verschleißfestigkeit aufweisen können. Eine polierte 440C Stahlklinge hält ihr Finish viele Jahrzehnte lang und das mit einem Minimum an Pflege. 440C Stahl ist vernünftig zu schärfen, er ist preiswert und mit vertretbarem Aufwand maschinell zu bearbeiten. Darum ist er einfach ein beliebter Messerstahl und wird es wohl auch noch lange bleiben.

Mehr zu 440C Stahl:

440C Herstellerangaben

Crucible 440C Edelstahl – Datenblatt – hier.

Leitfaden Messerstahl

Welcher Messerstahl ist der richtige für mich? – hier.

Tabellarische Übersicht Messerstahl

Referenztabelle Messerstahl – hier.

Favoriten nach Stahlsorte

Obere Mittelklasse – hier.

Messerstahl-FAQ – Teil 3

Verschiedene Stähle und ihre Eigenschaften – hier.

Noch mehr zu 440C

Outdoormesser.net nach „440C“ durchsuchen – hier.

5 Kommentare zu „440C Stahl – wie gut ist er und was kann er?“

  1. Seid ich Deine Seite entdeckt habe kaufe ich kein Messer mehr ohne zuvor Deine Infos und Meinung zum Messerstahl gelesen zu haben 🙂 Ich finde die Anordnung und Bereiche der Infos echt klasse +++++ Vielen Dank dafür. Mach gerne weiter so;)

  2. Hallo Andreas! Großen Dank für Deine sehr konstruktiven Informationen. Ich habe mich da schon öfters informiert – merke mir halt leider die Fülle an Informationen nicht mehr so leicht…

    Eine Frage: „In der Outdoor-Szene genießt der 440er-C-Stahl leider keinen guten Ruf – da wird der 1095er-Stahl bevorzugt. Mir wurde gesagt, dass der 440er-C-Stahl zu spröde wäre, und die Klinge dann leicht Scharten bekäme. Ich kann das nicht beurteilen, da ich für schwere Arbeiten eher Äxte verwende. Stimmt diese Behauptung, dass der 440er-C-Stahl so leicht ausbricht?“

    Liebe Grüße, Wolf

    1. Hallo Wolf,

      freut mich, dass dir meine Arbeit hilft. Zu deiner Frage – naja, sie ist nicht leicht, dann aber doch wieder leicht zu beantworten. Die kurze Antwort ist: wenn die Praxiserfahrung vieler Anwender zeigt, dass 440C bei bestimmten Anwendungen dem 1095er Stahl unterlegen ist, dann wird dem wohl so sein.

      Das gesagt, sind Vergleiche immer schwierig, da die Angabe „XY“-Stahl nicht unbedingt aussagekräftig ist. Bzw. sie nur dahingehend aussagekräftig ist, dass sich vom Hersteller an die Rezeptur gehalten wurde, was aber noch keine Aussage über den (äußerst wichtigen!) Vergütungsprozess trifft. Anders gesagt, XY Stahl des einen Herstellers kann super und XY Stahl des anderen Herstellers Schrott. Vergleicht man nun auch noch 2 unterschiedliche Stähle, potenziert sich das Vergleichsproblem. Angenommen Stahl A wird als minder zu Stahl B eingestuft, der Hersteller von Stahl A holt aber beim Fertigungsprozess das Maximum aus diesem Stahl raus, und der Hersteller von Stahl B schludert andererseits oder hat einfach Preisdruck weil er beispielsweise eine Charge für einen Discounter produziert, dann kann das Ergebnis weit hinter den Möglichkeiten zurück bleiben.

      Dazu kommt natürlich auch, wie man selbst ein bestimmtes Messer einsetzt, sprich, abgesehen vom „nice to have“-Faktor, brauche ich bestimmte Eigenschaften dieses Stahls überhaupt? Beispielsweise würde ich immer einen Stahl wählen der leicht und mit einfachen Mitteln zu schärfen ist. Klar, muss ich das dann öfter machen, aber ich bekomme es scharf und das ist mir persönlich wichtiger als ein superscharfes Messer, dass zwar lange scharf bleibt, aber das ich Feld nie und nimmer wieder scharf kriege außer ich finden einen Diamanten …

      Lange Rede, kurzer Sinn: selbst hab ich keine Erfahrungen mit den beiden Stählen im direkten Vergleich, von dem her würde ich absolut auf die Einschätzung der „Schwarmintelligenz“ vertrauen.

      Ich hoffe das hilft dir.

      Schöne Grüße,
      Andreas

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