Gleich vorweg: wer schon jemals einen Hamburger mit Messer und Gabel gegessen hat, der wußte sofort: irgendwas läuft hier falsch. Mit dem Spyderco Native 5 S110V FRN und den blauen FRN-Griffen ist es ähnlich. Das fertige Produkt ist zwar wie zu erwarten war sehr gut, aber irgendwie bleibt es doch hinter den Erwartungen zurück.
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Viel kann man über dieses Messer sagen, dass sich bei näherer Betrachtung als Wolf im Schafspelz darstellt. Es ist ein Messer, das dem Unwissenden als „normal“ oder fast schon langweilig-banal erscheint, das aber nur darauf wartet seine Qualitäten im echten Leben zu zeigen. Ein bisschen poetisch vielleicht, aber möglicherweise der beste Weg das Native 5 S110V FRN zu beschreiben.
Inhaltsverzeichnis
Eckdaten
- Klingenlänge: 7,6 cm
- Gesamtlänge: 17,5 cm
- Geschlossene Länge: 10,2 cm
- Gewicht: 99 g
- Klingenmaterial: CPM-S110V
- Griffmaterial: FRN
- Verriegelungsmechanismus: Back Lock
- Herkunftsland: USA
- Preis: ca. 200 €
Übersicht
Das Spyderco Native ist ein altgedienter Recke des Spyderco-Sortiments. Es wurde im Laufe der Jahre regelmäßig immer wieder in Abwandlungen angeboten. Es erschien erstmals 1997 und feierte 2012 sein offizielles „Coming Out“. Bei einigen Versionen wurden CPM-S30V- und S35VN-Stähle verwendet, bei anderen wiederum unterschiedliche Griffmaterialien. Zwei Dinge blieben jedoch bisher immer gleich: erstens, es hat immer ein Back Lock (auch bekannt als „LockBack“). Zweitens: das Design im klassischen Stil mit praxisorientierten Profil mit einer ausgeprägten Fehlschärfe (Ricasso) vor der Klinge.
Der Reiz des Native lag seit jeher in seinem klassischen Stil und dem Wert den es darstellt. Es kommt nicht allzu oft vor, dass ein Messer, das eher die ältere Bevölkerungsschicht anspricht auch das jüngere Publikum anspricht. Daher ist das Native 5 ist ein Beispiel für diesen klassischen aber doch auch modernen Ansatz eines EDC-Messers. Hier geht es jetzt aber ausschließlich um das Spyderco Native 5 S110V FRN, also das Modell C41PDBL5 mit dunkelblauem FRN-Griff und CPM-S110V-Klinge, das Sypderco im Dezember 2015 auf den Markt brachte.
Die Klinge
Friedrich Schiller schrieb einmal: „Anmut ist eine bewegliche Schönheit“ – dabei kannte er das Native 5 S1110V FRN doch gar nicht! 😉 Echten Messerenthusiasten sollte jedenfalls bei der klassischen Form der vollflächigen Speerspitze aus Premium-CPM-S110V das Herz aufgehen. Die Spitze macht nämlich die eigentliche Anziehungskraft dieses Messers aus – und es zieht an! Die gut 3 mm starke Klinge mit einer Länge von 7,6 cm und einer Schneidenlänge von ungefähr 5,7 cm ist der Inbegriff für Hochleistungs-Klingenstahl in kleinen EDC-Messern, und sie ist allemal ihren Preis wert.
CPM-S110V ist für „Brot und Butter“ Messer (= Messer in Standardproduktion) kein sehr verbreiteter Stahl. Das von Crucible in den USA entwickelte Material ist zum einen recht teuer und zum anderen aufgrund der Härte des Materials nicht einfach zu verarbeiten. Dennoch wird CPM-S110V, der „Superstahl der Superstähle“, von vielen als das Nonplusultra-Klingenmaterial das derzeit auf dem Markt erhältlich ist angesehen. Wie der Zufall es will war Spyderco auch einer der ersten die S110V in ihren Messern verwendeten und nach wie vor verwenden, auch in anderen beliebten Modellen, wie etwa dem Manix 2 und natürlich dem legendären Paramilitary 2.
Handhabung
Man würde lügen, würde man sagen das Native 5 wäre – egal in welcher Konfiguration – kein komfortables Taschenmesser. Die dunkelblauen FRN-Griffschalen sind zwar nicht jedermanns Geschmack (manche finden sie sehen etwas billig aus), aber sie fühlen sich jedoch angenehm an, und das Strukturmuster bietet soliden Halt und Griffigkeit. Zudem wird durch die Verwendung der Fingerriffelung für kleine und mittelgroße Hände bequem ein voller 4-Finger-Griff erreicht.
Das Native 5 ist leicht zu halten und zu tragen. Mit ca. 100 g eignet es sich perfekt als Begleiter für Camping oder für Bugout-Taschen (ihr wissen schon, when the SHTF …) . Es ist nicht nur leicht, sondern auch für ein mit Backlock ausgestattetes Messer gut ausbalanciert. Weitere positive Eigenschaften die das Native 5 bietet sind die hervorragenden Riffelungen sowohl auf dem Rücken des Messers als auch auf der Zeigefingerplatzierung.
FRN Griffe
Aber, wie bei allem im Leben – wo Licht ist, ist auch Schatten. Das Messer ist nicht zuletzt auch durch die Verwendung der FRN-Griffe recht leicht und fühlt sich dadurch etwas filigran an – vor allem beim festen Zugreifen. Das heißt aber nicht, dass es gleich kaputt geht, sondern es geht um das Selbstbewusstsein-schaffende Gefühl, etwas Solides in der Hand zu halten. Dieses Gefühl kann das Native 5 nicht wirklich vermitteln. Es ist eben ein Kompromiss, wie so vieles im Leben. Andererseits – wer hat schon mal eine Griffschale nur durch festes Zupacken beschädigt?
Taschenclip
Kommen wir zum Taschenclip. Bei EDC-Messern ist es ungemein wichtig, dass der Taschenclip gut funktioniert aber auch nicht stört. Der hier verwendete Taschenclip ist der klassische gebogene Federclip. Damit kann man zurecht kommen, zumal er auch seine Aufgabe tadellos erfüllt, allerdings wäre es auch kein Nachteil gewesen wenn Spyderco diesem Premiummesser den Büroklammer-Clip spendiert hätte um das Messer tiefer in der Tasche tragen zu können, zumal er sich auch stilistisch etwas mit dem minimalistisch Design beißt. Die gute Nachricht: der Clip kann vielfältig zum Hoch- und Runterklappen, als auch zum Tragen für Rechts- und Linkshänder eingestellt werden.
Back Lock
Der Verriegelungsmechanismus ist sehr gut umgesetzt und der Rücken des Messers gut verarbeitet. Er rastet weder zu hart noch zu weich ein. Spyderco hat diesen klassischen Verschlussmechanismus wirklich perfektioniert. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, auch ist das Back Lock zugunsten moderner Verschlüsse zur Einhandbedienung wie Rahmen- oder Futterschlösser aus der Mode gekommen. Eins ist aber sicher: die Rückenverriegelung ist ein bewährter Mechanismus der solide und zuverlässig für alle Anwender problemlos funktioniert.
Das Native 5 S110V FRN im Einsatz
Die vollständig flach geschliffene Speerspitzen-Klinge ist ein großartiges Design und hat sich bestens bewährt. Der komplette Flachschliff macht diese knapp 8 cm lange Klinge zu einem superfeinen Hobel. Durchschneiden von Karton und öffnen von Paketen ist kein Problem für dieses kleine EDC. Auch kleinere Arbeiten in der Küche lassen sich sehr gut an. Das Native 5 kann ein Messer zum schneiden und schälen von Obst und Gemüse in der Küche mühelos ersetzen. Zwiebeln hauchdünn schneiden? Mit diesem Messer ein Kinderspiel und dank dem CPM-S110V-Klingenstahl muss man sich auch keine Sorgen wegen Korrosion machen da die S110V-Legierung reichlich Chrom und Niob enthält.
Klingenschärfe
Das Spyderco Native 5 mit S110V FRM hält die Schärfe sehr lange und sehr gut. Egal, ob man sich für das Konzept der „Superstähle“ interessiert oder nicht – wie heißt es so schön: Probieren geht über Studieren. Spyderco scheint beim CPM-S110V und dessen Wärmebehandlung den Bogen raus zu haben. Auch Bedarf S110V Stahl nicht der ständigen Pflege und Aufmerksamkeit wie Klingen aus Kohlenstoffstahl ohne oder mit deutlich weniger Chrom- und Niob-Zugabe. Andererseits wird das schärfen, sollte es denn mal nötig werden, mit Sicherheit (k)ein Spaß …
Griffe
Darüber hinaus ist es dank der FRN-Griffe (auch: Zytel) absolut unproblematisch das Messer auch unter rutschigen beziehungsweise feuchten Bedingungen festzuhalten. Das Ausklappen der Klinge via „Spydieloch“ ist einfach und unkompliziert, wenn auch nicht superschnell, und kann auch problemlos mit Handschuhen bewerkstelligt werden.
Taschenclip
Einen Taschenclip mag man oder auch nicht. Entfernt man den Taschenclip und nutzt es „Oldschool“ – also einfach in die Tasche stecken – dann geht das aufgrund der kompakten Größe und des geringen Gewicht problemlos. Man merkt fast nicht, dass es da ist. Ist der Clip andererseits montiert, dann trägt er doch deutlich und spürbar auf. Außerdem ragt es ein Stück aus der Taschen heraus und kann, je nach Position dann auch beim Sitzen stören. Gott sei Dank gibt es ja aber keine Pflicht ein Messer mit Clip zu tragen, wenn man nicht mag. Drei Schrauben und er ist weg – oder wieder dran.
Preis-Leistung
Davon abgesehen ist es nicht übermäßig teuer, also jedenfalls keine hunderte von Euros, und es ist bei Verlust auch relativ leicht zu ersetzen. In dem unwahrscheinlichen Fall, dass es irgendwie unbemerkt aus der Hosentasche fallen würde, würde also die Welt nicht gleich untergehen. Jedenfalls nicht so wie bei einem doppelt so teuren Custom-Messer, wo gegebenenfalls auch noch eine individuelle Note verloren ginge.
Unterm Strich
… ist das Native 5 S110V FRN in dieser Konfiguration wohl am ehesten als perfektes Campingmesser oder auch als Zweit-Taschenmesser zu sehen.
Vergleich mit ähnlichen Messern
Das Spyderco Native 5 S110V FRN mit dunkelblauen Griffen (Modell C41PDBL5) ist ein Schnäppchen. Man muss lange suchen um ein anderes Unternehmen zu finden das ein vergleichbares Messer zu einem ähnlichen Preis (ca. 200 Euro) anbietet. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Spyderco weiterhin in den USA produziert. Somit sind praktisch die einzigen Konkurrenten andere Spyderco-Produkte und die meisten davon Varianten des Native 5.
Native 5 S110V mit G10 Griffen
Spyderco C41GPDBL5 Native 5 S110V mit G10-strukturierten blau / lila Schuppen (siehe unten „Varianten“) – es ist das gleiche Messer, nur hat es statt FRN- die bewährten G10-Griffe in einer ähnlichen Farbgebung. Für manche mag das ein vernünftiges Upgrade sein, allerdings legt hier nicht nur das Gewicht zu – rund 34 g (!), sondern auch der Preis.
Fazit
Tja, wie bewertet man nun das Spyderco Native 5 S110V FRN mit den dunkelblauen Griffschalen?
Kurz gesagt: ein hochwertiges Qualitätsmesser das etwas billig wirkt.
Sollen man also mehr erwarten? Sollten man sich mit der Premium Stahl-Klinge begnügen und den Rest ignorieren, wohl wissend, dass, würde das Messer nicht 200 sondern 1000 Euro kosten es bestimmt Beschwerden und böse Stimmen gäbe? Möglicherweise sollte es aber auch mehr um Anwendung und Verwendungszweck gehen. Das Native 5 ist sicher kein Sammlerstück und auch nichts für die Abendgarderobe. Mit dem Nativ 5 S110V FRN hat Spyderco wohl versucht eine Brücke vom traditionellem Stil hin zu modernen Materialien zu schlagen, was sicherlich gelungen ist. Aber mit dem Taschenclip und den FRN-Griffen wird es nie etwas anderes sein als ein in den USA gefertigtes Premium-Budgetangebot, das mehr darstellen will als es ist.
Positiv: Hervorragende S110V Klinge, leicht, klassisches Design, gutes Preis-Leistung-Verhältnis
Negativ: Griff geht so, der Taschenclip ist eher unpraktisch/überflüssig
Fazit: Anständiges Taschenmesser für alle die ein leichtes Messer mit „Super-Stahl“ suchen
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Varianten
CPM S110V, G10 – hier.
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